Neue DBB-Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Brauwirtschaft
Sämtliche Gastronomie-Betriebe über Wochen geschlossen, viele tausend Veranstaltungen abgesagt, fast alle Exportmärkte zusammengebrochen: Die Corona-Pandemie hat dramatische Folgen für
die deutsche Brauwirtschaft. 88 Prozent der Brauereien haben deshalb bereits Kurzarbeit angemeldet, ergab eine aktuelle Umfrage des Deutschen Brauer-Bundes (DBB), des Dachverbandes der deutschen Brauwirtschaft.
Mit Blick auf die ersten vier Monate des Jahres bis Ende April 2020 hatten die vom Verband befragten Brauereien mit mehr als 30 Mitarbeitern einen Einbruch des Bier-Absatzes um durchschnittlich 18 Prozent zu verbuchen. Im selben Zeitraum ging der Umsatz dieser Brauereien um 22 Prozent zurück. Bei kleineren Brauereien, Gasthausbrauereien und Craftbrauern mit weniger als 30 Mitarbeitern stürzte der Bierabsatz in den ersten vier Monaten des Jahres bedingt durch die Corona-Krise sogar um durchschnittlich 32 Prozent ab, der Umsatz brach um mehr als ein Drittel ein (35 Prozent), ergab die Umfrage des DBB. Bundesweit gibt es mehr als 1.500 Brauereien, die meisten Betriebe sind handwerklich und mittelständisch geprägt und befinden sich in Familienbesitz.
„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, wie verheerend sich die Schließung der Gastronomie gerade auf die Brauwirtschaft ausgewirkt hat“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele, in Berlin. Nicht nur die wirtschaftliche Lage vieler Gaststätten, Restaurants, Kneipen, Cafés, Clubs und Bars sei nach wochenlanger Schließung katastrophal. „Unsere Brauereien sind durch die Krise doppelt hart getroffen, weil zum einen der Bierabsatz über die bundesweit mehr als 200.000 Gaststätten über Nacht auf null gefallen ist, zum anderen auch Kredite, Pachten und Mieten von Gastronomen häufig nicht mehr bedient werden können“, so Eichele. Die Brauereien seien Partner der Gastronomie, sie sicherten über Kredite Millionen-Investitionen im Gastgewerbe ab.
Durch den Dominoeffekt drohten nun immer mehr Brauereien selbst in massive Probleme zu geraten – zumal auch noch die Auslandsmärkte am Boden und die Bier-Exporte zum Stillstand gekommen seien. „Ich kann nur hoffen, dass die Bundesregierung ihre Ankündigungen wahr macht und an Hilfen arbeitet, die diesen Namen auch verdienen“, sagte Eichele. Der Brauer-Bund sei in Kontakt mit Bund und Ländern, um Möglichkeiten zu prüfen, wie der Gastronomie und der Brauwirtschaft als direkt betroffener Partnerbranche in dieser Notsituation geholfen werden könne.
Die staatlichen Hilfen für die Betriebe reichen bei weitem nicht aus
In der Beurteilung staatlicher Hilfen nannten 80 Prozent der vom DBB befragten Brauereien die Erleichterungen beim Zugang zu Kurzarbeitergeld hilfreich. 56 Prozent der Betriebe nutzen das Angebot von Steuerstundungen, 53 Prozent profitieren von Zuschüssen von Bund und Ländern. Liquiditätshilfen wie Bürgschaften und Überbrückungskredite bewerten 24 Prozent als hilfreich (Mehrfachnennungen möglich). Dass die von Bund und Ländern derzeit angebotenen Hilfen ausreichend sind, glauben aber nur 16 Prozent der Brauereien. Zwei Drittel der Unternehmen fordern mehr staatliche Unterstützung ein.
Die befragten Brauereien sind insbesondere angewiesen auf eine schnellere Umsetzung der Finanzhilfen, längere Laufzeiten der staatlichen Programme und direkte Zuschüsse zur Liquiditätssicherung. Überdies drohten Existenzgründer und Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern durch das Raster zu fallen. Mit Blick auf den Existenzkampf der Gastronomie werden Bürgschaften für neue Gastro-Finanzierungen angeregt, um das Gastgewerbe langfristig am Leben halten zu können. Überfällig seien zügige Lockerungsschritte der Länder für die gesamte Gastronomie und für Festveranstaltungen sowie eine dauerhafte Mehrwertsteuer-Reduzierung in der Gastronomie, die auch Getränke einschließt, so der Tenor der DBB-Umfrage.
Leergut wird knapp – bei Logistik, Supply und Sortierung gibt es Engpässe
Der Anteil der Brauereien, bei denen die Auswirkungen der Corona-Krise auf die betrieblichen Abläufe durchschlagen, ist in den vergangenen Wochen deutlich gewachsen: Während nur noch 31 Prozent der Betriebe keine Auswirkungen feststellen, macht sich in 28 Prozent der Brauereien eine zunehmende Leergutknappheit bemerkbar. 24 Prozent sehen Engpässe bei der Materialbeschaffung, 21 Prozent melden Engpässe bei der Logistik. 17 Prozent der Betriebe berichten über Konflikte mit dem Handel, der z.B. Außendienstmitarbeiter abweise oder sich nur noch „auf Panik-Sortimente konzentriert“. Personalmangel (5 Prozent) und Engpässe bei der Rohstoffversorgung (4 Prozent) spielen aktuell eine untergeordnete Rolle (Mehrfachnennungen waren möglich).
Ergänzend weisen die Brauereien auf drohende Kostensteigerungen etwa bei der CO2-Beschaffung hin, den sich abzeichnenden Personalmangel bei der Sortierung von Leergut, die Kurzarbeit bei Zulieferern und gestörte Lieferketten im grenzüberschreitenden Warenverkehr.
Viele Initiativen der Brauer für Gastwirte, GFGH, Gesundheitssystem und Hopfenbauern
Trotz der historischen Herausforderungen für die Betriebe und ihre Belegschaften unterstützen viele der bundesweit 1.500 Brauereien seit Beginn der Krise die Gastronomie, das Gesundheitssystem, soziale Einrichtungen und vergleichbare Institutionen mit unterschiedlichsten Initiativen. Die Brauereien und Braugruppen haben bereits früh Solidaritätsaktionen für die Gastronomie und die Hotellerie gestartet, Pachten ausgesetzt, Stundungen veranlasst, Zinsen und Tilgungen reduziert. Aktionen wie „Mein Lieblingslokal“, „Kochen für Helden“ oder „Freibier for Future“ werden in der DBB-Umfrage genannt sowie Getränke- und Geldspenden an Klinikpersonal, an Behörden oder Hilfsdienste. Auch kulante Regelungen und finanzielle Unterstützungen für den Getränkefachgroßhandel, der in der Krise auf unzähligen Fässern sitzen geblieben ist, sind zu erwähnen. Mit der Herstellung und Abgabe von Alkohol für die Herstellung von Desinfektionsmitteln haben viele Brauereien aktiv den Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Corona-Pandemie unterstützt. Tatkräftige Unterstützung leisteten die Brauereien auch auf den Hopfenfeldern, wo Auszubildende aus der Brauwirtschaft den durch die fehlenden Saisonarbeitskräfte unter Druck geratenen Hopfenbauern unter die Arme greifen.
Der Deutsche Brauer-Bund hatte von 30. April bis 6. Mai 2020 seine zweite Branchenumfrage zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Brauwirtschaft durchgeführt. Es beteiligten sich fast 90 Brauereien aller Größen. Knapp ein Drittel der teilnehmenden Betriebe hat weniger als 30 Mitarbeiter, ein weiteres knappes Drittel bis zu 60. Jeweils etwa 15 Prozent der befragten Brauereien haben zwischen 60 und 100 sowie zwischen 100 und 300 Mitarbeiter, knapp elf Prozent mehr als 300 Mitarbeiter. Damit spiegelt die Zusammensetzung ungefähr die Größenrelationen der deutschen Braubranche wider, gleichwohl kann es sich bei der Befragung nur um ein Stimmungsbild handeln.
(Die deutschen Brauer)